Geschichte, Urlaub und Casinos an der Nordseeküste
Heutzutage betrachten Millionen von Menschen Urlaub am Meer als eine Selbstverständlichkeit und als eine der Freuden des Lebens. Doch vor 200 Jahren war ein Bad im Meer eher eine Mutprobe. Schwimmen konnte kaum jemand: Die Badeorte an Nord- und Ostsee zählen zu den beliebtesten Ferienorten Deutschlands. Rund 100 Orte in Deutschland tragen den Titel "Seebad".
Noch im 18. Jahrhundert hielten viele Europäer das Meer für das Reich Satans: Sturm-gepeitscht und von schrecklichen Ungeheuern bewohnt. "Im Gegensatz zu den Bergen waren die Küsten als Urlaubsort terra incognita", sagt Manfred Bätje, Direktor des Bade-Museums auf der Nordseeinsel Norderney. Jeder, der einen Fuß ins Wasser setzte, war "ein Schritt ins Unbekannte".
Was geschah mit Helgoland
Nach Waterloo waren die Briten also nicht geneigt, es zurückzugeben, und - die Dänen und Preußen machten kein großes Aufheben - sie behielten Helgoland. Unter dem Union Jack tolerierten die Kolonialgouverneure den deutschen Tourismus und förderten ihn sogar. Es entstanden Hotels und Restaurants, und bald auch ein Spielbank-Glücksspielkasino.
Helgoland lag in teurer Entfernung zu den norddeutschen Häfen, so dass die Besucher in jenen frühen Baedeker-Tagen meist wohlerzogene Damen und Herren von Substanz waren. Jede alte europäische Währung war in den Hotels und Restaurants akzeptabel. Die Tatsache, dass die Flagge über Helgoland britisch war, scheint niemanden gestört zu haben.
Heute funktioniert alles schon via Internet und die Casinos locken die Besucher mit online Casino Boni an. Das Internet ist eine Inspiration für viele Menschen und man muss auch keine Badevorschriften beachten.
Strenge Badevorschriften
Zunächst waren es vor allem die wohlhabenden Bürger und der Adel, die sich einen Badeurlaub leisten konnten. Die Gesellschaft des viktorianischen Zeitalters ist für ihre extreme Prüderie bekannt, und der Strand war davon nicht ausgenommen. Badeapparate waren im Wesentlichen Umkleidekabinen auf Rädern, die in die Brandung gerollt werden konnten.
Die Geschlechter wurden streng getrennt. Nasse Badeanzüge durften nicht anliegen, wodurch die Körperkonturen sichtbar wurden. Die Frauen trugen weitschweifige Flanellkleider mit darunter liegenden Blümchen, die sich schnell bis dorthin stauten, wo die Badende ihr Leben riskierte.
Kaum jemand wusste wirklich, wie man schwimmt. "Die meisten Badenden blieben nicht länger als zwei Minuten im Wasser, oft nur Sekunden auf einmal. Das Sonnenbaden kam erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts in Mode, und die ersten echten Badeanzüge wurden in den Vereinigten Staaten hergestellt. "Ab 1919 nahm die heutige Badekultur allmählich Gestalt an", blickt Bätje zurück. Gleichzeitig waren Schönheitsideale im Wandel begriffen - wie etwa die Einstellung zur gebräunten Haut, die lange Zeit als Markenzeichen von Bauern und Handarbeitern gegolten hatte. Bätje: "Die Menschen pflegten noch ihre vornehme Blässe".
Wasser, Wellen, Wellness
Heute sind die Sonnenanbeter die frommen Massen, und die Feiertage am Meer sind ihre Pilgerfahrten. Allein die Nordseebäder zählen jährlich rund 12,9 Millionen Übernachtungen. Die Gesundheit steht wieder im Vordergrund: Meeresluft, Meerwasser, Meersalze sowie Algen und Schlamm, die in Thalassotherapien und kosmetischen Behandlungen verwendet werden. "Es ist ähnlich wie am Anfang", so Bätje abschließend. Seit über 200 Jahren kommen die Urlauber, um die frische Meeresluft und das gesunde Reizklima zu genießen.
Der beliebte Ferienort Sylt und die Ferienhäuser
Auf der Karte erscheint die 40 km lange Insel Sylt südlich der dänischen Grenze wie ein stark verbeulter Segelflieger, der versucht, nach England zu fliegen, aber mit seiner Schnur noch immer an das Festland gebunden ist.
Auf dem Boden entpuppt sich der tief gelegene schicke Rückzugsort als eine riesige Sandbank mit Restaurants, mit einem feinen Sandstrand, der sich über die gesamte Länge seiner 40 km langen Flügelspannweite erstreckt, hinter dem sich ein Rumpf aus Dünen, Heidekraut und einer Perücke aus Gras verbirgt. Die Schnur, die dieses "St.Tropez des Nordens" mit dem Festland verbindet, ist eine Eisenbahnschiene, da es keine Zufahrtsstraße gibt.
Sonnenuntergänge sind für alle
Im besten Fall ist es das teutonische Äquivalent zu Martha's Vineyard, mit stimmungsvollen Sanddünen, Leuchttürmen und Häusern mit Schilfdach, die Boutiquen von Hugo Boss und Louis Vuitton beherbergen. Grundlegende Lebensmittel sind hier schwieriger zu finden als monogrammiertes Gepäck, und einige der Restaurants werden in deutschen Foodie-Magazinen sehr hoch bewertet.
Das pulsierende Leben konzentriert sich auf ein ausgewähltes Paar strohgedeckter Dörfer (Kampen und Keitum), die von den übergebräunten und den über vierzigjährigen besucht werden. Die meisten der prominenten Besucher sind deutsche Industrielle, Schauspieler und Schauspielerinnen, für die der Jahresplan so etwas wie eine Ferrari-Rallye, ein Beach-Polo-Turnier, eine Gourmet-Safari und den Besuch goldener Oldie-Rockstars vorsieht, die noch wissen, wie man den Sand zum Hüpfen bringt.
Zu bestimmten Jahreszeiten wird die Insel von wilderen, weniger designorientierten Stämmen überfallen. Kitesurfer veranstalten hier einen Weltcup, Harley-Davidson-Besitzer eine Rallye, und Strandpenner versammeln sich Ende September zum "Wimbledon der Windsurfer".
Ein aufregender Ort, an dem man sich bei schlechtem Wetter aufhalten kann; ein berauschender Ort, wenn das Partyvolk in der Stadt ist. Und außerhalb der Monate Juli und August ist es ruhig, heiter, preiswert und für alle zugänglich.
15. September 2020 20:05